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BERATUNG IM GESUNDHEITSWESEN
Unternehmensberater
M&A Berater
für Krankenhäuser und Kliniken
Interview mit Herrn S. Sachsenhauser, ConAlliance, zum Thema "Probleme bei Krankenhausprivatisierungen":
Herr Sachsenhauser, Ihr Unternehmen ConAlliance verfügt über ein breites Netzwerk, wenn es um Krankenhausfusionen geht. Sie beraten nicht nur die großen privaten Klinikketten bei Transaktionen, sondern auch die öffentliche Hand im Rahmen von Privatisierungen. Auf welche Erfahrungen kann Ihr Unternehmen zurückgreifen?
Wir können auf ca. 15 hochspezialisierte Berater zurückgreifen, die praktische Erfahrung im Klinikbereich haben, und zum Teil auch große Krankenhäuser in Eigenverantwortung als Interimsmanager geleitet haben. Hierbei können wir auf interdisziplinäres Wissen aus der Betriebswirtschaft, der Wirtschaftsprüfung, den Gesundheitswissenschaften und der Medizin zurückgreifen.
Wo liegen die häufig anzutreffenden kommunikationspolitischen Schwierigkeiten und Vorurteile bei Krankenhausprivatisierungen?
Krankenhäuser in öffentlicher Hand dienen letztlich in einer gewissen Form dem Allgemeinwohl. Das darf man nicht vergessen. Diese Krankenhäuser sind keine üblichen Unternehmen, die nach Gewinnen streben. Gut zwei Drittel der öffentlichen Krankenhäuser erwirtschaftet keine, oder nur sehr kleine Gewinne bei ausgeglichenem Ergebnis.
Bürger haben manchmal Furcht vor einer Privatisierung und vermuten, dass die Preise für medizinische Leistungen später, nach einem Verkauf des Hauses, bei Privatbetreibern oder nach einer Fusion mit einem anderen Haus, teurer werden, und dies bei zeitgleich sinkender Qualität der Leistung – oder am Ende sogar ganz wegfallen könnten. So das Vorurteil.
Den Status-quo der Versorgung will der Bürger wahren, ohne hierbei die tatsächlichen Kosten und Umsetzungsmöglichkeiten zu hinterfragen.
Werden Krankenhäuser privatisiert, so ist öffentliche und auch die politische Akzeptanz der Verkaufsentscheidung durch Bürger und Oppositionsparteien, nicht zuletzt aufgrund negativer Berichterstattung, meist nicht gegeben. Hierbei ist eine Stimmungsmache zu beobachten, die oftmals in einem lokalen Disput enden kann.
Halten diese Dispute auch nach einer Fusion an?
Ja, wenn diese einmal entstanden sind, dann gehen sie in der Regel auch weiter.
Im Rahmen eines Privatisierungsprozesses wird oftmals nur ein geringer monetärer Kaufpreis bezahlt, ja manchmal nur der symbolische ‚eine Euro’. Und dies wird oftmals falsch verstanden, da sich der Kaufpreis aus vielen Determinanten zusammensetzt.Viele Bürger verkennen, dass es sich bei vielen zu privatisierenden Häusern oftmals um unterfinanzierte, verschuldete und zugleich fortlaufend defizitäre Unternehmen handelt. Der Unternehmenswert bemisst sich aber aus Sicht wirtschaftprüfungsrelevanter Methoden aber nun einmal auf der Grundlage von betriebswirtschaftlichen Vergangenheitswerten und zukünftig generierbarer Erträge bzw. Cashflows. Unterbleibt die zu erwartende Realisierbarkeit zukünftig positiver Ergebnisse, so könnte sich im Falle einer defizitären Klinik sogar ein negativer Unternehmenswert errechnen.
Hinzu kommt, dass Kliniken zumeist über Immobilieneigentum verfügen, deren Wert aufgrund von Instandhaltungsstau falsch eingeschätzt wird. In diese Gebäude sind manchmal kurzfristig Millionenbeträge zu investieren, um diese an die Patientenbedürfnisse und das Marktumfeld anzupassen und das Haus am Leben zu halten. In Einzelfällen kann es vorkommen, dass die Immobilien in den Büchern zu hoch bewertet sind und somit zu hoch beliehen wurden. Ist dies der Fall, existiert eine Differenz zwischen dem Buchwert und dem Marktwert. Hierdurch entstehen stille Lasten: Das Krankenhaus könnte trotz erheblichen Immobilieneigentums überschuldet sein. Und praktisch bedeutet dies, dass der Verkaufserlös einer Klinikimmobilie nicht einmal zur Rückführung der bestehenden Hypotheken ausreicht.
Dies hängt u.a. damit zusammen, dass für derartige Immobilien in der Regel im Grundbuch eingetragene Beschränkungen existieren, wie z.B. die ausschließliche Nutzung des Gebäudes als Krankenhaus/ Klinik. Bei einer Umnutzung würden Rückforderungsansprüche entstehen, die in die Millionen gehen können. Sie sehen also, dass die Krankenhausimmobilien unter dem Strich bei weitem nicht den Wert haben, den man als Außenstehender zunächst vielleicht vermutet.
Unabhängig davon muss ein Käufer nicht selten einen großen Schuldenberg übernehmen.
Aber diese Sachverhalte müssen richtig und verständlich kommuniziert werden, damit der Prozess nicht entgleitet.
Sie sprachen von einem symbolischen Kaufpreis von einem Euro. Verstehen Sie, dass derartige Kaufpreise für manche Bürger unverständlich sind?
Der Bürger bewertet nun den Verkauf subjektiv und es Stimmen laut, die sogar Verschwörungstheorien schmieden: Dieses große Krankenhaus mit all seinem Vermögen, also den Gebäuden, medizinischen Geräten usw. soll nur einen Euro kosten?
Derartige Vorwürfe gibt es und sind im Bereich Krankenhaus-M&A nicht unüblich.
Aber auf Grundlage unserer Branchen- und Beratungserfahrung gehört es zu unseren Aufgaben, klarzustellen, dass viele Vorurteile sachlich schlichtweg unbegründet sind.
Der Kaufpreis muss transparent und objektiviert sein. Hierbei handelt es sich um betriebswirtschaftlich, gesundheits- und sozialpolitisch stets rational und offen zu begründende Hard Facts, an die sich alle Beteiligten - Käufer, Verkäufer, Verhandlungsführer, Entscheider und letztendlich auch immer der Bürger zu halten haben.
Erst wenn absolute Transparenz in der Durchführung der Fusion oder Kooperation gegeben ist, wird das Vorhaben realisierbar sein können. Und diese Transparenz bzw. eine dadurch seriös, professionell und korrekt erarbeitete Entscheidungsgrundlage zu erwirken, ist dann die eigentliche Transaktionswährung, ohne die ein professionelles Krankenhaus-M&A nicht möglich ist.
Was verstehen Sie in diesem Zusammenhang unter Transaktionswährung?
Der Begriff Transaktionswährung wird im M&A nicht einheitlich gebraucht. Gerade bei Krankenhausdeals fließen häufig nicht monetäre Faktoren in den Kaufpreis bzw. den Kaufvertrag ein, die auch zur Transaktionswährung gehören.
Neben den Faktoren im Bereich der Immobilien, die wir bereits ansprachen, sind beim Personal wichtige Faktoren zu finden. Der Anteil der Personalkosten an den Gesamtkosten im Krankenhaus ist signifikant. Ein Käufer würde versuchen wollen, diese Kostenposition zu optimieren. Aber gerade dies wird ihm in der Regel bei einem Kauf versagt, denn die öffentliche Hand als Verkäufer wünscht, dass künftig Arbeitsplatzsicherheit besteht. Insoweit ist an den Personalkosten für einen Käufer kurzfristig oftmals nicht allzu viel zu minimieren. Hinzu kommen verdeckte Risiken, wie z.B. Erlösausgleichsrisiken und Versorgungsvertragsrisiken. Diese Faktoren drücken auf den Preis.
Es kann auch vorkommen, dass kaufvertraglich vereinbart wird, dass der Käufer gewisse medizinische Leistungen anbieten muss. Dies ist sehr häufig bei Akutkrankenhäusern der Fall. Die öffentliche Hand versucht hierdurch die medizinische Versorgung sicherzustellen. Der Käufer kann also unter Umständen laut Kaufvertrag verpflichtet sein, medizinische Leistungen zu erbringen, die für ihn sehr kostenintensiv sind und es ist nicht selten, dass er mit diesen Teilleistungen negative Deckungsbeiträge realisieren muss, d.h. er verliert Geld dadurch, dass er diese Leistungen anbietet.
Diese Positionen beeinflussen also den Kaufpreis. Sie sehen, dass neben dem tatsächlichen Geld, das bei einem Kauf fließt, noch weitere Positionen einzuberechnen sind. Diese können Sie als eigentliche, relevante Transaktionswährung bezeichnen.
Auch kann ein immaterieller Firmenwert bestehen, der über den Goodwill einfließt.
Insofern ist die Bewertung eingegangener Angebote im verkäuferseitigen M&A Prozess sehr wichtig. Auch zum Beispiel Arbeitsplatzgarantien, die Aufrechterhaltung einer bestimmten medizinischen Versorgung und viele weitere Faktoren müssen berücksichtigt werden.
Wie gehen Sie bei der Bewertung abgegebener Kaufangebote vor?
Wir haben hierzu hausintern eigene mehrdimensionale Scoring- Modelle entwickelt und wir können auf diese Weise alle Determinanten und Dimensionen als Transaktionswährung einwerten und berücksichtigen. Auf diese Weise können wir für ein Krankenhaus eingegangene Angebote objektiv bewerten und somit den Vorwurf von angeblicher Willkür bei der Auswahl des besten Bieters entkräften. Hierin sehen wir auch eine unserer Aufgaben: Als objektiver und neutraler Berater eine Transaktion zu begleiten. Im Umkehrschluss kann dies für die Entscheider im Rahmen einer Fusion wichtig sein, denn diese sehen sich oftmals mit harscher Kritik und Vorwürfen konfrontiert. Wir führen die Angebotsbewertung objektiv durch, und es kann stets auf uns verweisen werden.
Welche sind häufige Fehler bei Krankenhausfusionen oder –kooperationen?
Der häufigste Fehler ist zu spätes Handeln. Manchmal sind die zu privatisierenden Häuser praktisch insolvent, da mit der Transaktion zu lange zugewartet wurde. Das Haus ist extrem unterkapitalisiert und kurz vor der Schließung.
Außerdem werden häufig Fehler in der Kommunikationspolitik gemacht. Fatal ist es, frühzeitig Informationen an die Presse herauszugeben. Aber dieser Fehler ist leider sehr häufig und äußerst schwer zu beheben. Jeder an der Fusion Beteiligte äußert sich gegenüber der Presse auf andere Weise und versucht seine eigene Position klarzustellen. Und natürlich entstehen enorme politische Reibungs- und Angriffspunkte. Die Opposition versucht nicht selten, Probleme eines Krankenhauses für ihre politischen Belange zu instrumentalisieren. Dies führt zu Vertrauensverlust beim Verkauf.
Wir sehen unsere Aufgabe auch darin, den Bürger über die Situation des Krankenhauses aufzuklären. Hier ist die Sprachregelung entscheidend. Wir empfehlen, dass wir Berater als Pressestelle für alle Beteiligten fungieren, oder zumindest eine gemeinsame neutrale Pressestelle einzurichten. Auf diese Weise können die wichtigen Informationen bekannt gegeben werden. Die Kommunikation sollte für alle Beteiligten aus einem Sprachrohr geschehen. Aber nicht nur der Region und den Patienten gegenüber, sondern auch den Mitarbeitern gegenüber ist zu kommunizieren, welche Vorteile eine Fusion bietet. Hierzu gehören auch Arbeitsplatzsicherheit und –attraktivität, neue Herausforderungen, Aufgaben und Chancen. Durch die richtige Kommunikationspolitik muss der strategische Prozess in die richtige Richtung gelenkt werden, denn ansonsten ist ein Scheitern wahrscheinlich.
Existiert bei Klinikfusionen und –kooperation ein internes Machtgerangel, bei dem die Beteiligten versuchen, persönliche Eigeninteressen durchzusetzen, und die Zukunft des Krankenhauses in den Hintergrund rückt?
Die Besitzstandswahrung, als eine Nutzung und Erhaltung von Macht, als Transkationswährung würde wäre im Rahmen einer zu verbessernden Finanzierbarkeit unseres Gesundheitssystems absolut kontraproduktiv und daher muss dagegen vorgegangen werden. Natürlich müssen Positionen besetzt werden – aber eben völlig neutral und transparent.
Daher ist es wichtig, externe Berater einzuschalten, die einem Machtgerangel objektiv entgegenwirken. Wir übernehmen diese Aufgabe gerne.
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Dr. Michael Schleef ist Vice President bei ConAlliance.
Schleef absolvierte seinen Master of Business Administration (MBA) an der European Business School (ebs) in Oestrich-Winkel. Zuvor studierte er Humanmedizin (Vollapprobation) an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, der TU München, der Universität Wien sowie der Louisiana State University, Medical Center, New Orleans in den USA. Außerdem ist er Autor zahlreicher Veröffentlichungen in deutschen, britischen und amerikanischen Fachjournalen.
Schleefs Kernkompetenzen liegen bei ambulanten und stationären Leistungserbringern, Privatkliniken und Krankenhäusern in öffentlicher Hand. Seine Beratungsschwerpunkte liegen im Bereich der Entwicklung von M&A-Strategien, wirtschaftlichen Sanierungen, sowie die Vorbereitung und Begleitung von Klinikprivatisierungen bzw. Fusionen und Post Merger Integrationen.